Ausgehend vom Forschungsprojekt DigiSchulNet wird gemeinsam von der AG Bildungsforschung und vom Learning Lab der Universität Duisburg-Essen ein Themenheft mit dem Titel "Schulentwicklungsprozesse für Bildung in der digitalen Welt – Akteurskonstellationen, Kommunikationswege und Kooperationsstrukturen" in der Zeitschrift für Medienpädagogik herausgegeben. Das Themenheft adressiert sowohl theoretische als auch empirische Beiträge. Abstracts können bis zum 30. September 2021 eingereicht werden.
Thema
Damit künftige Generationen befähigt werden können, gesellschaftliche Veränderungsprozesse – etwa durch die zunehmend digitalisierte Welt – zu verstehen, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben und den Wandel mitzugestalten, gilt es, diese Prozesse in der schulischen Bildung aufzugreifen (KMK 2016). Mit dem Themenheft sollen Beiträge aus der Bildungsforschung und -praxis zusammengetragen werden, die das Themenfeld Schulentwicklungsprozesse im Kontext von Bildung in der digitalen Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und die dafür notwendigen Akteurskonstellationen, Kommunikationswege und Kooperationsstrukturen in den Blick nehmen. Um wirksame Veränderungen auf unterrichtlicher und schulischer Ebene zu erzielen, sind nicht etwa «nur» technische Ausstattungsfragen zu bearbeiten, sondern vielmehr (einzelschulische) Entwicklungsprozesse (z.B. Rolff 2016) anzustossen. Dies betrifft das Zusammenspiel der Dimensionen der Unterrichts-, Organisations-, Personal-, Technik- und Kooperationsentwicklung (z.B. Eickelmann und Gerick 2017) ebenso wie das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren auf der Input-, Prozess und Output-Ebene (z.B. Gräsel, Schledjewski, und Hartmann 2020). Dabei erscheint es zentral, die verschiedenen Akteurskonstellationen bei (digitalisierungsbezogenen) Schulentwicklungsprozessen (Schulleitung, Arbeits-/Steuergruppen, Medienbeauftragte, etc.) und bspw. die Rolle von Schulleitungshandeln, Kommunikationswegen und der Kooperationsstrukturen zu analysieren.
Die Verantwortung für die vielfältigen Prozesse der Schulentwicklung kann für eine Schule allein auch überfordernd sein. In Rede stehen somit auch verschiedene Formen von Netzwerken zwischen Schulen sowie die Zusammenarbeit von Bildungsakteuren über die Organisationsgrenzen hinweg, etwa als Kooperation verschiedener Bildungsorte (formal, non-formal und informell), mit Schuladministration, Bildungspolitik und/oder der (Bildungs-)Forschung. Ein Beispiel ist die Kommunikation zwischen Schulaufsichtsbehörden und Einzelschulen sowie deren veränderte Zuständigkeiten und Konstellationen zueinander (z.B. Dobbelstein et al. 2020). Auch das mögliche Zusammenspiel verschiedener Bildungsorte rückt in die Forschungsperspektive. Damit einzelschulische Entwicklungsprozesse unterstützt werden können, wird daher die Vernetzung von Schulen untereinander und mit weiteren Akteuren des Bildungssystems seit längerem in Deutschland und international als wichtige Strategie diskutiert und in entsprechenden Schulentwicklungsprojekten praktiziert, denn Netzwerke können den Transfer von Wissen und Handlungsstrategien sowie eine gemeinsame Lösungsentwicklung forcieren (z. B. Jungermann, Pfänder, und Berkemeyer 2018; Waffner und Kerres 2019). Die Zusammenarbeit zwischen Schulen sowie weiteren Akteuren kann auch etwa mithilfe des Konzepts der Professional-Learning-Networks betrachtet werden. Als entwicklungsorientierter Ansatz bieten neben Netzwerken auch sog. Research Learning Communities (Brown 2017) Raum zur Kooperation von Lehrkräften, Forschenden und weiteren Akteuren (z. B. Lehramtsstudierenden), um gemeinsam bspw. digitale, inklusive Lernarrangements zu entwickeln.
Neben Befragungsstudien kommen zur Untersuchung der Kooperation z. B. auch Methoden der Netzwerkanalyse infrage, um zu erforschen, welche personalen und schulorganisatorischen Faktoren Kooperation beeinflussen. Dabei verändert die Digitalisierung aber auch die Möglichkeiten zur Kooperation selbst, sodass Lehrkräftekooperation in einem Kontinuum mit oder ohne Digitalisierungsbezug sowie Kooperation unter Nutzung digitaler Kanäle oder ohne solche gedacht werden sollte (vgl. Drossel, Heldt, und Eickelmann 2020). Als theoretischer Ausgangspunkt zur Erfassung schulinterner sowie institutionenübergreifender Kooperation bzw. Transferarbeit wird häufig das Modell der Kooperationsformen von Lehrkräften (Austausch, Arbeitsteilung, Ko-Konstruktion) nach Gräsel, Fussangel und Pröbstel (2006) herangezogen. Dieses Modell wurde bspw. für die Lehrkräftekooperation in Zusammenhang mit dem schulischen Medieneinsatz empirisch erforscht (z. B. Eickelmann, Gerick, und Vennemann 2019). Lorenz, Endberg und Eickelmann (2018) konnten diesbezüglich feststellen, dass digitalisierungsbezogene kooperative Handlungen von Lehrpersonen (z. B. gemeinsame Unterrichtsvorbereitungen) einen signifikant positiven Effekt auf die unterrichtliche Förderung medienbezogener Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern aufweisen. Dies unterstreicht die etablierte Erkenntnis, dass Kooperation im Kontext von Schulentwicklung zur Förderung der Schulqualität als bedeutendes Prozessmerkmal gilt (Keller-Schneider und Albisser 2013) – auch hinsichtlich einer Bildung in der digitalen Welt.
Beiträge
Im Themenheft sollen Beiträge vereint werden, die schulentwicklungsbezogene Prozesse u. a. zur Kooperation in den Blick nehmen und dabei die Gestaltung von Schulbildung in der digitalisierten Welt in den Fokus rücken. Diese Entwicklungsprozesse können aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden, theoretischer oder empirischer Natur sein sowie praxisorientierte Sichtweisen einnehmen. Beiträge sollen Schulentwicklung im Zusammenspiel unterschiedlicher Akteurskonstellationen sowie deren Kommunikations- bzw. Kooperationsformen adressieren. Wir laden interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, sich mit einem Beitrag im Themenheft zu beteiligen.
Weitere Informationen zur Einreichung und zum weiteren Ablauf finden Sie HIER.